Reisebericht von Gunthard Weber, Dezember 2007
Eine Woche im Centre Jigiya Bon in Bamako
13.12.2007
Wir haben uns zu dritt auf die Reise gemacht, Gunthard, Nele und Leonie Weber (die Flüge haben wir natürlich privat bezahlt), und kommen am Abend des 13. Dezember in Bamako an. Unsere Freundin Ruth Hoffer, die die Gründung des Centre Jigiya Bon koordinierte und inzwischen wieder in Deutschland lebt, ist schon seit Mitte November in Bamako und holt uns vom Flughafen ab.
Noch ein Bier in der Hotelbar, kurzes Duschen und müde ins Bett bei offener Balkontür mit Mosquitoschutz, für den wir dankbar sind, weil wir dieses Mal auf die Malaria-Prophylaxe verzichtet haben.
14.12.2007
Ruth holt uns nach dem Frühstück im Hotel ab und fährt uns vorbei an der algerischen Botschaft und dem immer quirlig und ungeordnet wirkenden Straßenmarkt von Daoudabougou zum Centre Jigiya Bon.
Die Mädchen haben gemeinsam mit Mariam und Aline mehrere Lieder zu unserer Begrüßung einstudiert, die sie uns nun im anderen Gruppenraum vorführen. Fröhliche Stimmung. Begrüßungsrede der 13-jährigen Djenéba Samaké, die mit ihrer 10-jährigen Schwester Fatoumata von Anfang an seit Oktober 2004 im Centre lebt.
Wir trinken ein Mineralwasser und begeben uns danach auf einen Rundgang. Die Augen halten Ausschau nach Bekanntem und Neuem. Die Regenzeit hat den Häuserwänden zugesetzt, die Außenwand der Küche, ist dort, wo gekocht wird, rußgeschwärzt und etwas unansehnlich geworden. Hie und da sind Risse an den Hauswänden zu sehen. Auch innen könnten die Wände dringend wieder einmal einen Anstrich vertragen.
Das Leben im Centre … Mariam vor der Veranda, wo gerade gegessen wird.
15.12.2007
Seit 2007 vergibt das Centre Jigiya Bon Mikrokredite an Frauengruppen. Der 15. Dezember 2007 ist einer der vierteljährlichen Rückzahlungstermine. Am Vormittag finden sich die Representantinnen der Frauengruppen im Centre ein. Wir nutzen die Zeit, in der sie darauf warten, einzeln im Büro die Rückzahlungen zu leisten und einen neuen Kredit zu erhalten, für ein Gespräche mit den Frauen.
Danach spricht Virginie Mounkoro Koné, die Präsidentin unserer malischen Partner-NGO, mit den Mädchen über ein Thema, das ihr besonders am Herzen liegt: Gesundheitsaufklärung. Wir erleben, wie offen sie mit den Mädchen über die Ansteckungswege von Aids und dessen Verhütung und die Beschneidungspraktiken in Mali diskutiert und sind erstaunt darüber, wie gut die Mädchen informiert sind.
Am Nachmittag des 15.12.2007 findet ein Treffen mit dem Vorstand des malischen Vereins, der „Association d’Appui à la Scolarisation des Filles (A.S.F.)“ zum Stand der Dinge und zur Planung zukünftiger Aktivitäten statt (… mehr dazu können sie hier lesen).
Am 16. und 17. Dezember machten wir, Gunthard, Nele und Leonie Weber einen Ausflug nach Segou, einer Stadt, die 240 km nördlich von Bamako am Niger liegt. Ruth blieb in Bamako, weil sie vor ihrer Abreise noch ihre Vorhaben im Zentrum abschließen und einige alte Freunde besuchen wollte.
Besprechung der Kreditgruppe: Die Gruppenleiterinnen erzählen uns, was sie mit dem Kredit anfangen wollen.
18.12.2007
Ruth Hoffer ist mit Leonie, Oumou Konaté und Pascaline Bayo in die Stadt gefahren. Sie wollen mit Lehrern der Schule sprechen, die Oumou besucht und auf dem Markt Bücher kaufen, die Paqualine in der Schule braucht. Die kosten, obwohl die meisten gebraucht sind, immerhin fast 60 Euro. Leonie ist mit der Videokamera unterwegs und später, zurück vom Bücherkauf, filmt sie, was tagsüber so im Zentrum und drumherum geschieht: das Kochen, Wäschewaschen, Gärtnern, ein Einkauf auf dem nahen Markt, das Klopfen der Damaststoffe in einem kleinen Hinter dem Centre gelegenen Häuschen. Wir, Nele und Gunthard Weber, schaffen uns im Sekretariat einen Überblick, welches Mädchen in welche Klasse geht bzw. welche Berufsausbildung im wievielten Jahr absolviert. Die Mädchen bereiten sich auf die Heimfahrt zum Hammelfest in ihren Familien vor.
Fatumata Samaké kommt mit Fieber aus der Schule zurück. Mariam Sidibé geht mit ihr zur nahen medizinischen Ambulanz. Sie kommen mit einer Infusion und Medikamenten zurück und es ist schön zu sehen, wie kompetent, ruhig und selbstverständlich Djénéba Doumbia, die im 3. Jahr eine Krankenschwesterausbildung absolviert, dem kleinen Mädchen die Infusion anlegt und wie liebevoll sie mir ihr umgeht.
Nachmittags kommt die ganze Mädchengruppe noch einmal zusammen und nacheinander berichten die Mädchen in französischer Sprache, wie es ihnen bei der Erfüllung der ihnen zugeteilten Aufgaben gegangen ist.
Leonie hat in dem Gemeinschaftsraum, in dem auch die Bilbliothek untergebracht ist, die Kamera aufgebaut. Draußen warten danach schon Dr. Sala Doumbia, ein malischer Germanist und Mitarbeiter der Friedrich-Ebert-Stiftung, der schon 2004 dreizehn Interviews mit Mädchen über ihre Familien und ihre Lebensziele einfühlsam für uns übersetzt hat. Wir führen Interviews mit drei der Grundschulmädchen, deren Inhalte wir zurück in Deutschland transkribieren und für die Webseite zusammenfassen möchten.
Lesen gehört nicht zu den Lieblingsbeschäftigungen der Mädchen, die meisten Eltern sind Analphabeten.
19. – 20.12.2007
Der Abschied von dem Mädchen und den MitarbeiterInnen des Projektes ist berührend für uns. Wir stehen innerhalb des großen Kreises, den die vierzig Mädchen auf dem Innenhof bilden. Sie singen Lieder für jeden für uns, winken und verabschieden sich herzlich, bevor sie in Gruppen fortziehen.
Wir freuen uns schon jetzt darauf, sie im kommenden Jahr wieder zu sehen und verabschieden uns besonders herzlich von denen, die wir vielleicht nicht wieder sehen werden wie z. B. Atoumata Traoré, die es nach Beendigung der Schul- und zweijährigen Ausbildungszeit als Geburtshelferin zurück in ihren Heimatort Kenenkou zieht.
Am 20. Dezember sind wir in der Großfamilie von Youchaou Traoré in einem Vorort von Bamako zum Hammelfest eingeladen. Die ganze Familie ist anwesend, weil er der älteste der Geschwister ist. Wir sprechen über die Fortschritte der Schülerinnen und die nächsten Schritte im Centre. Youchaou berichtet uns auch von der Schule, die er selbst gegründet hat und leitet, und gibt uns Einblicke in den Stand der Lehreraus- und Fortbildung in Mali. Gemeinsam denken wir über mögliche Projekte für die Zukunft nach und halten Youchaou vielleicht etwas zu lange vom Zusammensein mit seiner Familie an diesem wichtigen Feiertag ab.
Abends fliegen wir zurück nach Frankfurt. Als wir am nächsten Morgen landen ist es minus 6 Grad Celsius. Der Temperaturunterschied – in Mali hatte es gut 30° – macht uns ziemlich zu schaffen, aber die vielen guten Erfahrungen wärmen uns von innen.
Nele Weber, Ruth Hoffer und Leonie Weber im Kreis „ihrer“ Mädchen.
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